Brüchiger Frieden in Nordirland

Ich bin ein Freiwilliger, wie alle genannt werden, die in der britischen Armee dienen. Das war 1983 und die „Troubles“ — es ist immer wieder faszinierend, wie britische Politiker ein anderes Wort für Krieg verwenden — waren bis zum Friedensabkommen von 1994 ein wichtiger Teil im Leben eines Soldaten.

Irland und Großbritanniens Wurzeln gehen viel weiter zurück als nur bis zu diesem letzten Krieg (also „Troubles“). Dieser Krieg ist zurückzuführen auf das Versagen der Politiker in den 60er und 70er Jahren. Das Versagen der Politiker geht sogar zurück bis zu Oliver Cromwell, einem Puritaner und Republikaner, der um 1650 lebte. Seine Statue vor dem britischen Unterhaus in London wird bis heute geehrt, als Held für eine der ältesten Demokratien. Dennoch wird er von vielen Menschen der jungen Republik Irland gehasst.

Nur Freiwillige im Militär

Wie gesagt, die britische Armee ist eine Armee von Freiwilligen. Das war schon immer so — abgesehen von den beiden Weltkriegen. Der Vorteil ist, dass ein Freiwilliger besser ist als zehn unter Druck gesetzte Männer, wie es oft über Soldaten gesagt wird. Die Disziplin war immer hart im Vergleich zum Leben in der damaligen Gesellschaft, aber Disziplin war die Norm für die Armee.

Cromwell und die Entstehung der britischen Armee fallen zeitlich zusammen. Die Gründung der Armee diente dabei eher den Bedürfnissen der Politiker zur Regelung ihrer auswärtigen Angelegenheiten, denn den imperialistischen Zielen des Königs. In der Tat wurde die Armee bis zum heutigen Tag vergrößert oder verkleinert, je nachdem, wie sie für die Verwaltung der überseeischen Gebiete benötigt wurde. Ein Großteil der polizeilichen Aufgaben, die die Armee im Landesinneren wahrnahm, wurde von Freiwilligen oder der Yeomanry (der „Freibauernschaft“ im mittelalterlichen England, d. Red.) ausgeführt. Dies gilt vor allem für die Zeit nach dem letzten Bürgerkrieg, der mit dem Sieg von Cromwells „New Model Army“ über die Royalisten von König Karl I. endete.

Die Armee wird seit der republikanischen Periode von der Regierung kontrolliert, der König oder die Königin gelten als Oberhaupt der Streitkräfte, was mehr eine Show ist, als dass es der realen Politik dienlich wäre. Während die Armee dem jeweiligen König oder der Königin ihre Loyalität anbietet, liegen die finanziellen Fäden in den Händen des Parlaments. Die Armee ist das Werkzeug der Regierung, wie oben erwähnt, um die Bedürfnisse der herrschenden Klasse zu erfüllen.

Das konnte man sehen, als ich im nordirischen East Tyrone diente, das als „Banditenland“ galt, da keine grünen Fahrzeuge durchfahren konnten, weil die Gefahr bestand, dass eine Bombe am Straßenrand die Soldaten darin tötete. Unsere Fahrzeuge waren leicht gepanzert, denn Panzer waren nicht erlaubt. Es waren ja schließlich nur die „Troubles“. Der Feind war nicht leicht auszumachen und mehr als schlau genug, um sich an neue Gegebenheiten anzupassen.

Wie konnte es zu den Unruhen kommen? 

Es waren die 1980er Jahre. Bob Geldof hatte Live Aid organisiert, Großbritannien war Teil der EU, ja, es herrschte Kalter Krieg und der Westen stand dem Osten gegenüber. Und das sollte die Smaragdinsel sein?

Die Politik war mit imperialistischen Ambitionen gescheitert, ganz zu schweigen von der Angst, dass Großbritannien, abgeschirmt durch seine Meere, nicht nur vom europäischen Festland, sondern auch von der Westküste bedroht werden könnte. Erscheint dies albern? Es war der Grund, warum Oliver Cromwell und andere Irland beherrschen wollten. Für viele Bürger der britischen Inseln war das Commonwealth der Faktor, der Großbritannien groß gemacht hatte.

Durch die Geschichte Irlands hindurch war der Versuch, eine Basis von loyalen Bürgern gegenüber dem Vereinigten Königreich zu schaffen, der Antrieb für die imperialistische Beherrschung von Irland. Dies führte zur Bildung von Nord-Irland, als Eira die Unabhängigkeit erlangte — das Parlament gestand nicht zu, dass ganz Irland von seiner Herrschaft befreit werden sollte, da ein Teil im Norden für einen Verbleib stimmte. So war es in den späten 1960er Jahren in Nord-Irland die Minderheit der römisch-katholischen Bevölkerung, die von den Protestanten dominiert wurde. Das hatte zur Folge, dass die besseren Wohnungen, Arbeitsplätze usw. an die Protestanten gingen. Die Katholiken protestierten zunächst friedlich. Als dies auf taube Ohren stieß, begann die Irisch-Republikanische Armee (IRA) ihre Schreckensherrschaft und die Ulster Volunteer Force (UVF) kämpfte für die Protestanten. Ursprünglich sollte die Armee die zivilen Behörden unterstützen. Da sie aber von Protestanten geführt wurde, wurde sie bald als Werkzeug der regierenden Unterdrücker, angesehen. Bis die Regierung in Großbritannien begriffen hatte, was schiefgelaufen war, war die Situation zu einem Pulverfass geworden, das explodierte.

Hier entstand eine Situation, die insofern einmalig war, als die Armee nun das Sagen über die zivilen Behörden in einem Land hatte, das in der EU und nicht in einem Dritte-Welt-Land war und demokratisch regiert wurde.

Als Waliser ein keltischer Landsmann

Als Soldat in einem Infanteriebataillon diente ich also meinem Land als Teil der friedenserhaltenden Kraft. Das war keine leichte Aufgabe. Denn das Regiment, in dem ich diente, war englisch und das bedeutete, dass sie auffielen, selbst wenn sie in Zivilkleidung unterwegs waren. Sobald sie sprachen, fielen sie auf und sie hätten genauso gut ihre Uniform tragen können. Ich für meinen Teil bin Waliser und fiel deshalb nicht auf. In der Tat bin ich ein „keltischer Landsmann“, wie einer der Iren bemerkte.

Es gab mir viele Möglichkeit, mich unter die Menschen zu mischen und zu sehen, wie sie denken. Einmal war es die Reaktion eines irischen Kindes, das lachte über die Soldaten auf Patrouille. Es zeigte ein Dilemma, den der Soldat musste in den Straßen patrouillieren, in denen das Kind lebte. Der Soldat antwortete: „Ja, heute bin ich hier und mache das, morgen bin ich wieder zu Hause in meiner Stadt, wo es keine terroristischen Organisationen gibt, so wie bei euch.“

Ich sah im lokalen Fernsehen (und wir sprechen hier von den Zeiten, wo es nur drei bis vier Sender gab), wie ein lokaler liberaler Politiker erklärte, dass er sein Amt nach vielen Jahren in der Politik niederlegen wolle. „Was nützt es mir, wenn ich durch eine ausgewogene Politik Frieden bieten kann, wenn die Leute dann das eine oder das andere Extrem wählen.“

Um den Frieden zu halten wurde Nord-Irland von der Armee kontrolliert, die der Regierung in Großbritannien unterstellt war. Eine Situation, die entstanden war, weil die Politiker mehrmals bei dem versagt hatten, was sie hätten tun sollen: das Volk als Ganzes zu vertreten und nicht die Interessen einiger weniger.

Never ending troubles — dank BREXIT?

Der Frieden kam zustande, als die IRA und die UVF nicht mehr die Macht über die Bürger Irlands hatten — der Konsens war, dass sie nicht mehr die eine oder andere Gruppe repräsentierten und weniger politisch engagiert waren, sondern vielmehr eine „Mafia- Organisation“ geworden waren. Die Intervention wurde ermöglicht von folgenden Faktoren: Durch unparteiische Unterhändler, die überwiegend aus den USA kamen, einer britischen Regierung, die den Frieden über imperialistische Ambitionen stellte, einer Armee, die im Dienst einer demokratischen Regierung ihre Macht einfach an das Volk zurückgeben konnte, die Iren — ein kriegsmüdes Volk.

Aber Moment, das ist noch nicht das Ende: 1994 gab es die Vereinbarung, dass es keine Binnengrenze in Irland geben solle. Heute nun haben wieder einmal die Politiker versagt und ein BREXIT wurde durchgesetzt. Dieser Brexit-Beschluss bedeutet, dass eine Grenze gezogen werden muss! Großbritannien hat den europäischen Markt verlassen und sich fast vollständig isoliert, so dass es wieder zu einer Insel geworden ist. Es muss eine Grenze errichtet werden, entweder in der Irischen See oder zwischen dem Norden und dem Süden Irlands. Ich fürchte, dass die Politiker in den Häusern des Parlaments nicht sehen, was gut für das Volk ist, sondern was in ihrem Interesse ist. Dies könnte eine weitere Reihe von „Troubles“ auslösen — nichts, wofür wir den Verantwortlichen, die dies hätten verhindern können, danken könnten.

Clwyd Owen