Aufgeben ist keine Option
Von der Bedeutung des interreligiösen Dialogs in der Zentralafrikanischen Republik
Es ist ein kalter Märzmorgen in Berlin. Die Medien berichten über das Attentat auf die Moscheen in Christchurch/Neuseeland. Am Flughafen in Berlin landet Imam Oumar Kobine Layama aus der Zentralafrikanischen Republik (ZAR). Er hatte den gemeinsamen Abflug mit den anderen Repräsentanten der Interreligiösen Plattform der ZAR, Kardinal Dieudonné Nzapalainga und Pastor Nicolas Guérékoyme-Gbangou, zwei Tage vorher verpasst. Er ist nachgereist, weil ihm der Dialog wichtig ist. In Berlin trifft sich eine interreligiöse-ökumenische Gruppe verschiedener Akteure, die im politischen Berlin die Stimme erheben für die ZAR – dies vergessene, übersehene und leidende Land im Herzen des afrikanischen Kontinents.
Ein parlamentarisches Frühstück und den Besuch im Auswärtigen Amt am Vortag hat der Imam zwar verpasst, aber es reicht noch für ein gemeinsames Gespräch beim „House of One“ in Berlin. Zu Beginn des Tages gibt es jedoch zunächst eine Schweigeminute für die Opfer des Attentats in Neuseeland. Muslime, Juden, Katholiken, evangelische und freikirchliche Protestanten zeigen gemeinsam Solidarität angesichts religiös motivierter Gewalt. Das Erleben von religiöser Gewalt ist Alltag in der Zentralafrikanischen Republik. Genau dies ist der Grund, warum die Arbeit der Interreligiösen Plattform in der ZAR so wichtig ist.
Religionen werden instrumentalisiert
Die Zentralafrikanische Republik ist ein Binnenstaat mit sehr reichen Bodenschätzen. Seit der Unabhängigkeit von Frankreich im August 1960 ist das Land jedoch nach wie vor eines der ärmsten der Welt. Seit der Unabhängigkeit gab es mindestens vier Militärputsche. Die Auswirkungen des letzten Putsches im Jahr 2013 waren im ganzen Land zu spüren, selbst in den entlegensten Gemeinden. Die unterschiedlichen Rebellengruppen im Land unterliegen oberflächlich betrachtet einer religiösen Zuordnung, daher wird oft von einem interreligiösen Konflikt gesprochen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die Wurzeln des Konflikts eher im Zugang zu den Ressourcen des Landes liegen und im Zugang zur Macht. Religionen werden instrumentalisiert. Der Dialog zwischen den Religionen ist ein Weg, damit die Menschen des Landes (und der Weltöffentlichkeit) die fatale Wirkung der Instrumentalisierung erkennen. Mit großer Leidenschaft und unter vielen persönlichen Strapazen ist vor allem Kardinal Nzapalainga ein ständiger Dialogsuchender, wie z.B. beim Besuch eines Flüchtlingscamps im Land, das überwiegend von Christen bewohnt und von muslimischen Rebellen überfallen wurde. Dies alles unter den Augen der überwiegend muslimischen UN-Truppen am Ort. Eine explosive Zusammensetzung von religiös zugeordneten Faktoren, die die Situation im Land unglaublich komplex machen und den Dialog erschweren.
Bauen am Haus des Friedens – der Dialog geht weiter
In Abstimmung mit den Partnerkirchen unterstützt das ELM diese Prozesse des Dialogs und der Vernetzung auf internationaler, ökumenischer und interreligiöser Ebene. Seit der Beteiligung des ELM an dieser Dialogplattform wird der Stimmenchor ergänzt um die protestantische Stimme, die bis dahin eher schwach besetzt war. Diese Prozessbegleitung ist wichtiger Teil eines Dialoges, daher engagiert sich das ELM gemeinsam mit der Ev.-Luth. Kirche der ZAR für die Interreligiöse Plattform und unterstützt den Prozess und die Vernetzung.
Und so erleben wir ganz direkt, dass in Berlin die Vision eines „Maison de la Paix“ (Haus des Friedens) in der Hauptstadt der ZAR besprochen wird. Und wir erfahren, dass interreligiöser Dialog von kleinen Schritten nach vorne, aber oft auch von anscheinend größeren Schritten zurück geprägt ist. Trotzdem geht der Dialog weiter, denn aufgeben ist keine Option.
Hannah Rose